Fast könnte man salopp anmerken, dass der literarisch verewigte Bayer – unabhängig von seiner Herkunft – stets ein Anarchist ist. […] Dieser im Grunde ureigenste bayerische Anarchismus war Karl Obermayrs dezente Kraft der Unaufdringlichkeit. Er war leise, manchmal bedächtig und fein in seinen Rollen, selbst wenn sie derb und abgründig waren. Er lotete exakt aus, wo alles deutlich zu sein schien. In diesem Sinn war er ein großer Schauspieler, der selbst kleine und kleinste Rollen zum Leuchten brachte.“
(Ernst 2020: 26)
Der gebürtige Freisinger Karl Obermayr ist zwar heute auf den Tag genau vor vierzig Jahren viel zu früh gestorben – seine glaubwürdige, klischeefreie Darstellungskunst hat aber nach wie vor nichts von ihrer faszinierenden Strahlkraft eingebüßt. Obermayr war der König der „Wurzn“, der kleinen Nebenrollen, die er mit seinem außergewöhnlichen Spiel krönte. Seine Fähigkeiten hätten viel öfter eine Hauptrolle verdient gehabt, so wie in der TV-Version von „Der Ruepp„. Bekannt und unvergessen ist er vor allem durch seinen eigenwilligen Sprachduktus.
„Bei Karl Obermayr sind es gerade einzelne, prägende Sätze, die hängen bleiben und im Gedächtnis der Zuschauer oftmals einen Erinnerungsstatus genießen, wie sie sonst eher der klassischen Dichtung oder einzelnen Strophen bekannter Popsongs vorbehalten sind.“
(Ernst 2020: 24)
Wohl wahr! Da ist sein bekannter Ausspruch als Wirt aus den „Münchner Geschichten„: „In da Friah sperr ma auf und auf d‘ Nacht sperr ma wieder zua. Und dann sperr ma wieder auf und dann sperr ma wieder zua“. Oder als Manni Kopfeck in der Serie „Monaco Franze„: „Des is doch a gmahde Wiesn, Franze!“ Oder: „Franze, sei ma ned bäs, aber des is einfach so greislig, i kon des ned essen.“ Und selbstverständlich der Satz vom Kopfeck Manni schlechthin: „A Hund bist scho, Franze!“
Eine halbe Ewigkeit und mit einem melancholischschmerzvollschönen Erinnerungsseufzer könnte das mit den Kult-Zitaten seiner Rollen so weitergehen. Danke, dass und vor allem wie du’s gesagt hast! Das hat dir einen festen Platz im kollektiven bayerischen Gedächtnis gesichert.
Der Autor Paul Schallweg beschrieb Obermayr mit den beeindruckenden Worten:
„Da leuchtete etwas auf von dieser liebenswerten Bereitschaft, mit allen Menschen freundlich und herzlich auszukommen und ihnen als Künstler zu geben, was er vermochte, vor allem den einfachen Leuten, zu denen er sich selber zählte. Mit den Monstern der Macht hatte er es ohnehin nicht. Er wusste sehr genau, was aufgeblasen und was echt ist.“
(Schallweg in Ernst 2020: 14)
Zu Ehren von Karl Obermayr wurde seine Rolle des Benno Grandauer in der Hörspielserie „Die Grandauers und ihre Zeit“ nach seinem Tod in der Fernsehserie „Löwengrube“ in Karl Grandauer umbenannt. Diese Rolle übernahm Jörg Hube. Im vergangenen Jahr wurde Obermayr mit einer Bronzestatue ein würdiges Denkmal in Freising gesetzt. Da blickt er nun auf die Moosach. Am liebsten möchte man sich danebensetzen und ihm ins Ohr flüstern: „A Hund bleibst scho, Karle.“
Literatur:
Ernst, R. (2020). Karl Obermayr. Eine Biografie von Roland Ernst. München: Allitera.