Februar 25, 2022

Theaterpädagogik: Irritation und Suche

Die Lehrer:innen aus meiner Schulzeit ließen meist wenig Raum für Zweifel. Logisch, sie waren die Expert:innen, hatten ihr Fach studiert. Die Rollen waren klar verteilt: Eine Person steht am Pult und stellt die Fragen, wir geben auf den Stühlen lümmelnd möglichst die erwarteten Antworten dazu. Bis heute sind mir die raren Unterrichtssituationen in nachhaltiger Erinnerung, welche uns ausdrücklich zum Widerspruch aufgefordert und uns in jungen Jahren – ergebnisoffen – herausgefordert haben. Im Nachhinein stelle ich fest, dass in diesen magischen Momenten persönliches Wachstum stattfand. Ein inspirierender Geist ging um im Klassenzimmer: Das was hier gerade passiert, betrifft mich! Davon wollte ich mehr und habe mich sehr wahrscheinlich auch deshalb auf die Spuren der Theaterpädagogik begeben.

Allgemein orientiert sich die Theaterpädagogik an pädagogischen und entwicklungstheoretischen Grundsätzen wie der Reformpädagogik (Felder et al., 2019, S. 196f.). Die neuere reformpädagogische Erfahrungsdidaktik ist nach Ansicht von Klepacki und Zirfas für die theatrale Didaktik ausgesprochen geeignet, da es in dieser pragmatistischen Lerntheorie „vor allem um körperbezogenes, hypothetisches und experimentelles Lernen geht, das zudem Prozessen der Irritation, der Suche, aber auch der Evaluation unterworfen ist“ (Klepacki & Zirfas, 2013, S. 164). Diese Form der Irritation ist angelehnt an die Perturbation aus Arnolds (2012) Ermöglichungsdidaktik, auf die in einem weiteren Blog noch näher eingegangen wird. Der Pragmatismus weist nach Dewey (1989) einen engen Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis auf und liegt quer zum Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus (de Witt & Czerwionka, 2013, S. 64).

Vor allem sind es offene Fragen, die alle Beteiligten in der Theater-pädagogik kreativ irritieren und zur gemeinsamen Suche animieren wollen. Eben Fragen für und an das Leben, wie sie mir auch Lehrer:innen in meiner Schulzeit gestellt haben. Danke für die wertvollen Impulse damals!

Literatur:

Arnold, R. (2012). Ich lerne, also bin ich. Eine systemisch-konstruktivistische Didaktik (2. Aufl.). Carl-Auer.

de Witt, C. & Czerwionka, T. (2013). Mediendidaktik (2. Aufl.). Bertelsmann.

Dewey, J. (1989). Die Erneuerung der Philosophie. Junius.

Felder, M., Kramer-Länger, M., Lille, R. & Ulrich, U. (2019). Studienbuch Theaterpädagogik. Grundlagen und Anregungen (4. Aufl.). hep.

Klepacki, L. & Zirfas, J. (2013). Theatrale Didaktik. Ein pädagogischer Grundriss des schulischen Theaterunterrichts. Beltz.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert